Info-Beiträge

Teil 1: Die „Identitäre Bewegung Österreich“

Die „Identitäre Bewegung Österreich“ (IBÖ) hat sich 2012 nach dem Vorbild der französischen „Generation identitaire“ gegründet. Die Etablierung der IBÖ ist maßgeblich als Reaktion auf den sich verstärkenden Repressionsdruck auf die Neonaziszene nach 2012 zurückzuführen. Damals wurde das Neonazi-Forum „Alpen-Donau.info“ verboten und drei der Betreiber, unter ihnen Gottfried Küssel und Felix Budin, zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Die erste Generation der „Identitären“ in Österreich, zu der u.a. Martin Sellner gehört, kam aus diesem Milieu.

Es kann also auch als strategische Entscheidung angesehen werden, dem Neonazismus den Rücken zu kehren. Sowohl aufgrund der schlechten Breitenwirkung als auch der gesetzlichen und polizeilichen Repressionen.

Ideologie der „Neuen Rechten“
Die „Identitären“ zählen zur geistigen Strömung der „Neuen Rechten“, deren Ziel die intellektuelle Erneuerung des Rechtsextremismus ist. Dabei versucht sie sich inhaltlich vom Nationalsozialismus und der „Alten Rechten“ abzugrenzen. Die völkisch-rechtsextreme und menschenfeindliche Ideologie bleibt aber im Kern dieselbe.

So wird aus der alten neonazistischen Parole „Ausländer raus!“ das Konzept des „Ethnopluralismus“ und aus der Forderung nach Deportationen die Forderung nach „Remigration“.

Auch die theoretischen Bezüge der „Neuen Rechten“ sind keineswegs neu: Sie reichen von Armin Mohler und seiner „Konservativen Revolution“ über Ernst Jünger, Carl Schmitt, Julius Evola und Martin Heidegger – allesamt Autoren, die dem Nationalsozialismus und Faschismus nicht nur wichtige Stichworte lieferten, sondern sich auch selbst in diese Politik verstrickten.

Symbolverbot und Aktivitäten
2019 wurde bekannt, dass Martin Sellner und die „Identitäre Bewegung Österreich“ eine erhebliche Spende vom Christchurch-Attentäter erhielten, der im März 2019 51 Menschen ermordet hatte. Im Zuge dessen wurden auch zahlreiche Verflechtungen zwischen der IBÖ und der FPÖ bekannt. Letztere geriet unter Druck und musste sich von den „Identitären“ distanzieren. Daraufhin wurden 2020 auch die Accounts von Sellner und der IBÖ auf Instagram, Twitter, YouTube und Facebook gesperrt.

Aufgrund dieser medialen Aufmerksamkeit fand ein Rebranding der IBÖ statt und ihre erste Umbenennung in „Die Österreicher DO5“. Seit Juli 2021 sind die Symbole der „Identitären Bewegung Österreich“ und der Tarnorganisation „DO5“ in Österreich verboten.
Seither gab es einige Versuche des Aufbaus von neuen Projekten und Tarnorganisationen, die jedoch sehr schnell scheiterten und wieder aufgegeben wurden. Beispiele dafür sind „Eisenfaust“, „Aktion rot-weiß-rot“, „Aktion Solidarität“, „Widerstand in Bewegung“, „Patrioten in Bewegung“, „Wiener Wehrmänner“, „Heimatkurier“ und das neue Projekt „Aktion 451“, gemeinsam mit dem Ring Freiheitlicher Jugend/Studenten.

Das Ziel der „Identitären Bewegung“ ist es, den gesellschaftlichen Diskurs zu verschieben und Dinge sagbar zu machen, die vorher noch auf größere Ablehnung gestoßen wären. Ein Teil ihrer Strategie sind Aktionen durch die sie sich mediale Berichterstattung erhoffen. Bei diesen Aktionen werden vor allem vermeintlich linke Institutionen angegriffen, die nicht in ihr Weltbild passen. Erst vor Kurzem versuchten sie wieder mit einer Flyeraktion bei den Wiener Festwochen auf sich aufmerksam zu machen.

Seit einigen Jahren besitzt die IBÖ auch drei Immobilien in Österreich: einen Keller in der Ramperstorffergasse 31 im 5. Bezirk in Wien, das „Castell Aurora“ in Steyregg in Oberösterreich und die „Kulturfestung“ in der Steiermark.

Wir werden die rechtsextreme „Remigrationsdemo“ der “Identitären” am 26. Juli in Wien nicht unkommentiert lassen und rufen alle Antifaschist:innen dazu auf, sich den Blockaden und Gegenprotesten anzuschließen!

Wien nimmt Platz – Nazi-Aufmarsch blockieren!
Sa 26.07. | Ort & Zeit tba

Mehr Infos und aktuelles findest du hier im Blog: wiennimmtplatz.noblogs.org


Teil 2: Was bedeutet „Remigration“?

Im Januar 2024 wurde von Correctiv eine Recherche über ein Geheimtreffen der extremen Rechten nahe Potsdam veröffentlicht. Mit dabei waren Kader der „Identitären Bewegung“ wie Martin Sellner und Mario Müller sowie Politiker:innen der AFD und CDU. Gemeinsam besprachen sie einen „Geheimplan“ für Deutschland: „Remigration“.

Der Begriff „Remigration“, der von der „Neuen Rechten“ und der „Identitären Bewegung“ als Kampfbegriff genutzt wird, ist keine neue Erfindung, sondern ein Begriff aus den Sozialwissenschaften und der Biografieforschung. Er bezeichnet die freiwillige Rückkehr in ein Land, nachdem man aus diesem emigriert ist. Entscheidend ist hierbei, dass diese Rückkehr Teil eines individuellen Lebenslaufes ist und in keinem Zusammenhang mit dem Land, dem die Vorfahren einer Person entstammen, steht.

„Remigration“ wird von den Neofaschist:innen nun umgedeutet und verzerrt. Sie meinen damit eine Zwangsmaßnahme, die zu Massendeportationen führen soll. Alle Menschen, egal ob sie eine deutsche bzw. österreichische Staatsbürgerschaft besitzen oder nicht, sollen deportiert werden, um die „Reinheit“ der eigenen Kutur zu gewährleisten. Diese Art von Umdeutung von Begriffen ist ein bekanntes Werkzeug der „Neuen Rechten“. Dasselbe wurde auch mit dem Begriff „Ethnopluralismus“ versucht. Dieser beschreibt in der Ideologie der „Neuen Rechten“, dass es „natürliche“, getrennte Kulturen und Völker gäbe, welche in ihrer angeblichen „Reinheit“ und in ihrer „nationalen Identität“ geschützt werden müssten und denen bestimmte geographische Räume zustünden.

Der Fokus liegt dabei auf angeblichen kulturellen und ethnischen Unterschieden, die die „Neuen Rechten“ als Bedrohung für nationale und kulturelle Identitäten sehen.

„Remigration“ steht im Kern für Vertreibung und ethnische Säuberungen. Das Ziel der Neofaschist:innen ist, diesen Begriff zu normalisieren und ihn in den öffentlichen Diskurs einzugliedern. In Österreich wird die IBÖ damit tatkräftig von dem Ring Freiheitlicher Jugend und der FPÖ unterstützt. Wie in der Vergangenheit auch, greift die FPÖ Begriffe der „Identitären“ auf und macht sie salonfähig.

Nach der Veröffentlichung der Correctiv-Recherche blieb der politische Aufschrei in Österreich fast gänzlich aus. Stattdessen nutzte die FPÖ noch im selben Jahr den Begriff der „Remigration“ in ihrem Wahlkampf für die Nationalratswahl 2024. Damit ist klar, dass die FPÖ unter Kickl nicht mal mehr versucht sich von der IBÖ abzugrenzen. Mehr zur Verbindung der FPÖ und der „Identitären Bewegung“ in Teil 3.

Im Juli 2023 fand die erste „Remigrationsdemo“ in Wien statt. Aus mehreren Ländern kamen Rechtsextreme und Neonazis für die Demonstration der „Identitären“ in die Wiener Innenstadt angereist.

Wir werden den rassistischen Aufmarsch der “Identitären” am 26. Juli in Wien nicht unkommentiert lassen und rufen alle Antifaschist:innen dazu auf, sich den Blockaden und Gegenprotesten anzuschließen!

Wien nimmt Platz – Nazi-Aufmarsch blockieren!
Sa 26.07. | Ort & Zeit tba

Mehr Infos unter: wiennimmtplatz.noblogs.org


Teil 3: Die „Identitären“ und die FPÖ

Die „Identitäre Bewegung Österreich“ existiert nicht in einem Vakuum, sondern ist in der extremen Rechten Österreichs bestens vernetzt. Die Gruppe tritt immer wieder mit Vertreter:innen der Jugendorganisationen der rechtsextremen FPÖ auf. Darunter fallen etwa der Ring Freiheitlicher Jugend (RFJ), sowie der Ring Freiheitlicher Studenten (RFS). In den letzten Jahren sind die „Identitären“ und der RFJ ideologisch sowie auch personell zusammengewachsen, sodass eine Trennung fast nicht mehr möglich ist.

Als weitere Kaderstätten der „Identitären“ und der FPÖ dienen deutschnationale Burschenschaften, die gemeinsam mit den „Identitären“ das Scharnier zwischen Rechtsextremismus und Neonazismus in Österreich darstellen. Das neue Projekt „Aktion 451“ zeigt diese Verbindungen auf. Es wird maßgeblich von IBÖ-Kadern, dem RFJ und deutschnationalen Burschenschaftern getragen.

Nach dem Bekanntwerden der Spende des Christchurch-Attentäters an die IBÖ hat die FPÖ im Jahr 2019 eine zumindest öffentliche Trennung von den „Identitären“ vollzogen. Von dieser ist heute nichts mehr zu spüren. FPÖ-Chef Herbert Kickl bezeichnet die IBÖ als „NGO von rechts“ und als unterstützenswert. Während der Corona-Pandemie war auf Demonstrationen der Maßnahmengegner:innen eine Annäherung von „Identitären“, Verschwörungsideolog:innen, der organisierten neonazistischen Szene und der FPÖ zu beobachten.

Gerade auch im Zuge dieser Proteste wurde der Begriff „Remigration“ zunehmend von den „Identitären“ für ihre Zwecke instrumentalisiert und von der FPÖ und dem RFJ übernommen. Immer wieder fällt die FPÖ mit Verbindungen zur rechtsextremen IBÖ auf. So war der langjährige IBÖ-Kader Laurenz Großmann als Türsteher beim FPÖ-Parteitag 2023 zu sehen. Silvio Hemmelmayr, Obmann des RFJ Oberösterreichs, hielt letztes Jahr auf der neonazistischen „Sommerdemo“ der „Identitären“ eine Rede, in der er erklärte, dass zwischen „Identitären“ und dem RFJ der Schulterschluss erfolgt sei und dies „erst der Anfang von etwas ganz, ganz Großem“ sei.

Auch wenn breite Teile der Zivilgesellschaft erst durch die Correctiv-Recherche im Januar 2024 auf den Begriff „Remigration“ aufmerksam wurden, ist zu betonen, dass die IBÖ diesen Begriff bereits davor maßgeblich popularisiert hat. Als Reaktion auf die Correctiv-Recherche meinte FPÖ-Generalsekretär Hafenecker: „Remigration ist das Gebot der Stunde“.
„Festung Europa und Remigration!“ war eine zentrale Forderung im Wahlprogramm der rechtsextremen FPÖ zur Europawahl 2024.

„Remigration“ wird von der FPÖ als „Schlüsselbegriff“ verteidigt. Sie fordert einen EU-Kommissar für „Remigration“. So sieht es aus, wenn die Srategie der „Identitären“ aufgeht.

Die IBÖ sieht sich selbst als außerparlamentarisches Vorfeld der FPÖ und arbeitet ihr bewusst zu. Am 29. September 2024 fand die letzte Nationalratswahl in Österreich statt. Diese konnte die FPÖ klar für sich entscheiden. Die Partei konnte zwar keine Koalition bilden und damit nicht in die Regierungsverantwortung kommen – trotzdem sieht man sich in Österreich einer Realität gegenüber, in der fast jede dritte Person eine rechtsextreme Partei gewählt hat. So zogen beispielsweise Identitäre noch am Wahlabend mit einem „Remigrations“-Banner durch die Straßen Wiens. Im derzeitigen rechten österreichischen Zeitgeist fühlen sie sich pudelwohl. Auch vor diesem Hintergrund muss die rechtsextreme „Sommerdemo“ der „Identitären“ am 26. Juli in Wien bewertet werden. Zwischen die IBÖ und die FPÖ passt kein Blatt.

Wir werden den rassistischen Aufmarsch der “Identitären” am 26. Juli in Wien nicht unkommentiert lassen und rufen alle Antifaschist:innen dazu auf, sich den Blockaden und Gegenprotesten anzuschließen!
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Teil 4: Throwback 2024

Die „Identitäre Bewegung Österreich“ (IBÖ) rief letztes Jahr zum zweiten Mal zu einem rassistischen Aufmarsch durch die Wiener Innenstadt auf. Aus mehreren Ländern kamen „Identitäre“, Faschist:innen und Neonazis angereist. Trotz der internationalen Mobilisierung ist es der IBÖ nicht gelungen eine große Masse auf die Straße zu bekommen. Lediglich 300-400 Personen waren bei ihrer Demo anwesend.

Aus Österreich nahmen Neonazis der „Corona Querfront“ und die Neonazi-Gruppe „Tanzbrigade Wien“ teil. Gleichzeitig gab es auf der Demonstration den ersten öffentlichen Auftritt der jungen und gewaltbereiten Neonazi-Gruppen „Division Wien“ und „Defend Austria“, die im Umfeld der „Tanzbrigade“ zu verorten sind.
Außerdem waren Neonazis aus der Schweiz, wie die „Junge Tat“ und die tschechische Neonazi-Gruppe „Nacionalisté“ beim Aufmarsch dabei. Nicht überraschend war auch die Teilnahme von Mitgliedern der „Jungen Alternative“, der Jugendorganisation der rechtsextremen deutschen Partei „AfD“.

Die Verbindungen zwischen der „Freiheitlichen Jugend“ (FJ) und den „Identitären“ wurden auch bei der Demo im Jahr 2024 offensichtlich: Die FJ rief öffentlich zu der Demo auf. So, wie im Vorjahr auch, Elias Maria Schuch, Obmann des FJ-Bezirks Korneuburg und „Identitären“-Aktivist. Ein ehemaliges Vorstandsmitglied der FJ Oberösterreich, Andreas Hinteregger, der inzwischen bei der Tarnorganisation der IBÖ namens „Aktion 451“ aktiv ist, zeigte bei der Demo das White Power-Zeichen. Ebenfalls anwesend war Mathias Ohm, auch Teil der „Aktion 451“, den „Identitären“ und der FJ. Er versucht gezielt linke Personen zu fotografieren und macht Anti-Antifa Arbeit.
Die Demo wurde auch von mehreren rechtsextremen Medienprojekten begleitet. Zum Beispiel filmten „Weichreite“, ein rechtsextremer deutscher Streamer und AfD-Mitglied, sowie „Nikolas Meyer“ (CH), der bei der verschwörungsideologischen Gruppe „Massvoll“ aktiv ist. Personen des „Heimatkurier“ (IBÖ) und „SGB-Media“ waren ebenfalls bei der Kundgebung und führten Interviews.

Gegenproteste
Am Tag vor der „Identitären“-Demo fand ein antifaschistisches Cornern statt. Mit vielen Menschen wollte man sich den Raum in der Nähe des Kellers der IBÖ in der Ramperstorffergasse 31 nehmen und auf die rechtsextremen Gruppen aufmerksam machen. Darüber hinaus wollte man das Kampfsportturnier, dass dort am Vortag der rassistischen Demo der „Identitären“ stattfand, nicht ungestört passieren lassen.

Entlang der Demonstration der „Identitären“ in der Innenstadt fanden letztes Jahr mehrere antifaschistische Kundgebungen statt. Von dort startete eine Spontandemonstration mit mehreren hundert Antifaschist:innen in Richtung der Route der „Identitären“. Währenddessen wurde die Fascho-Demo nach einigen hundert Metern von einer Sitzblockade blockiert und musste nach längerer Wartezeit durch Seitenstraßen im Laufschritt umgeleitet werden.

Nach der Blockade wurde die Route der „Identitären“-Demo stark abgekürzt und die Neonazis gingen direkt auf die Freyung, wo sie ihre Endkundgebung abhielten. Dort wurden sie lautstark von der antifaschistischen Kundgebung gestört.

In der Zwischenzeit wurden Antifaschist:innen, die an der Spontandemonstration teilgenommen hatten, mehrere Stunden lang bei der Herrengasse ohne die Gewährleistung der nötigen Grundversorgung gekesselt. Einige Antifas wurden später in das Polizeianhaltezentrum Rossauer Lände gebracht. Gleichzeitig konnten die „Identitären“ ihren Endkundgebungsort nur wegen eines lächerlich hohen Polizeiaufgebots erreichen und wurden schließlich auch noch von den Bullen zur U-Bahn eskortiert.

Wir werden den rassistischen Aufmarsch der “Identitären” am 26. Juli in Wien nicht unkommentiert lassen und rufen alle Antifaschist:innen dazu auf, sich den Blockaden und Gegenprotesten an diesem Tag anzuschließen!

Wien nimmt Platz – Den Neonazi-Aufmarsch der „Identitären“ blockieren!
Sa, 26.07. | Ort & Zeit tba

Mehr Infos unter: wiennimmtplatz.noblogs.org